Improvisation

Blitzeinschlag auf dem Segelschiff!!!

Blitzeinschlag am Segel-Schiff? Eine heisse Angelegenheit!
Ist das gefährlich? Das kommt auf die Konstruktion an!
Der Blitz wird in der Regel, wenn er einschlägt, im Mast-Top einschlagen.
Der Entladungsweg erfolgt dann über Wanten & Stage.
Der Blitz  sucht den kürzesten und stärksten Weg zur Erdung.
Meist leidet die Elektronik an Bord bzw. brennt durch die hohe induktive Spannung durch.
Durch die rasant verglühenden Applikationen am Mast (z.B. Funkantenne) kann massiver Funkenflug entstehen (wie auch in dem Video zu sehen ist). Das wiederum kann zu Brandlöchern an Deck, Sprayhood, Bimini etc. und im schlimmsten Fall zu Schiffsbrand führen.

Ein User berichtet in einem Forum davon, dass der Blitz offensichtlich an der Abdichtung zwischen Rumpf und Kiel ausgetreten ist und dort das Dichtungsmaterial wegbrannte. Wassereinbruch war die Folge.

Wir gehen später nochmals darauf ein, aber es ist sehr wichtig, dass ihr euch im Gewitter NIE an der Reling anhaltet, NIE an der Takelage anhaltet und Kontakt zu leitenden Oberflächen am Schiff vermeidet!

Was wir jetzt schon als Fazit vorweg nehmen können: einen Blitzeinschlag an Bord möchte man in jedem Fall vermeiden und am besten nie miterleben.
Denn auch trotz allen möglichen Vorsorge- und Sicherheits-Massnahmen besteht immer LEBENSGEFAHR!

Elektronik durchgebrannt

In fast allen Berichten von Blitzschlag-Betroffenen wird berichtet, dass die komplette Bordelektronik hinüber war.
Wieso ist das so? Eingeschaltete Geräte bekommen über die Masse eine Rückspannung von vielen Tausenden Volt im Moment des Blitzeinschlages.
Da GPS, Autopilot etc. auf Niederspannung arbeiten (12V bzw. 24V) wirkt sich diese massive Überspannung fatal aus (trotzdem es nur wenige Millisekunden sind).
Bei ausgeschalteten Geräten besteht die Wahrscheinlichkeit, dass diese durch die Unterbrecherstrecke überleben. Trotzdem kann auch hier durch Funkenüberschlag Schaden entstehen.

Klassische Charter-Yachten (GFK Rumpf)

Der Rumpf an sich stellt bei diesen Schiffen KEINEN Faradayschen Käfig dar!
Die Blitzableitung erfolgt hier über den kürzesten Weg von Einschlagsort (typischerweise der Mast) hin zum Wasser.
Wanten & Stage sollten daher eine direkte, leitende Verbindung zum (leitenden) Kiel haben bzw. einen soliden leitenden Kontakt ins Wasser.
Ist das der Fall, wird der Blitz ins Wasser abgeleitet und für das Schiff besteht RELATIV wenig Gefahr (für die Elektronik allerdings nach wie vor schon).
Wichtig ist hierbei die Verbindung zum Wasser. Dabei achten auf eine Wanten-Stärke ab ca. 6mm sowie eine sehr starke und mehrfache Verbindung ins Wasser.
Ist bei aussenliegendem Metallkiel ein Mast aus Aluminium vorhanden, genügt eine leitende Verbindung zwischen Mastfuß und Metallkiel beziehungsweise Metallschwert.

Stahl-/Aluminium-Schiffe

Konstruktionsbedingt besteht hier eine durchgehende, leitende Verbindung zum Wasser. Somit ist der komplette Rumpf ein Faradayscher Käfig und leitet den Blitz optimal auf direktem Weg ins Wasser ab.
In diversen Foren wird allerdings trotzdem der Totalverlust der Elektronik berichtet.

Segelschief-Improvisations-Tipps

Sollte das Schiff keinen Blitzschutz haben, gibt es Möglichkeiten, sich doch noch zu helfen
(ACHTUNG: das sind reine Notmassnahmen. Das Schiff und die Mannschaft können trotzdem massiven Schaden nehmen!!!)
Improvisations-Tipp 1: die Ankerkette ums Vorstag wickeln (Kontakt mit dem Aluminium des Vorstags muss gewährleistet sein!!!). Das funktioniert natürlich nur, wenn man nicht vor Anker liegt (sprich: den Anker fürs Ankern benötigt)!
Den Anker anschliessend mind. 1,5m ins Wasser hängen. Das Ganze VOR Beginn des Gewitters, sonst könntet ihr selbst der Blitzableiter werden.

Improvisations-Tipp 2: Es gibt Spezialklemmen, mit denen man dicke (d.h. mind. 6mm!!!) Kupferleitungen an den Wanten befestigen kann. Diese Kupferleitungen abisolieren und mind. 1,5m ins Wasser hängen lassen. Die Spezialklemmen gewährleisten eine starke Verbindung zwischen Wanten und Kupferkabeln. In diversen Foren werden Gutachter zitiert, die sagen, dass es mind. 1qm Kontaktfläche benötigt, um den Blitz abzuleiten. Das wird mit den Kupferdrähten so nicht erreicht und ist demnach auch keine  Sicherheit für Schutz!

Segelschief Sicherheits-Tipps

Hier einige Tipps, wie ihr euch verhalten solltet im Falle eines Gewitters. Diese Tipps können nicht in jeder Situation umgesetzt werden. Wenn ihr unterwegs z.B. in ein Gewitter kommt wird es schwer bis unmöglich den Bordstrom komplett abzuschalten.

  • Wenn möglich, das Schiff verlassen (und einen Kaffee trinken gehen). Alle mobile Elektronik (Tablet, Computer, GPS, Funkgerät etc.) mitnehmen!
  • Alles an nicht mobiler Elektronik möglichst abklemmen und weg von den restlichen Leitungen bringen (z.B. in den Salon)
  • Hauptschalter für den Bord-Strom ausschalten
  • Während des Gewitters (wenn es unvermeidbar ist an Bord zu bleiben) möglichst unter Deck stehen bleiben (Faradayscher Käfig)
  • Keine Wanten, Stage, Reling oder andere metallische Gegenstände an Bord berühren!!!
  • Wenn ihr auf Fahrt unter Segel seid, Motor starten. Wenn der Blitz mal eingeschlagen hat und die Elektronik lahmgelegt ist, kann der Motor u.U. nicht mehr gestartet werden. Läuft er aber erstmal, dann stehen die Chancen gut, dass er weiterläuft wenn die Elektronik tot ist.
  • Bei vorhandener Blitzschutzanlage regelmäßig und nicht erst während eines Gewitters kontrollieren, ob der Potentialausgleich (das heißt die Verbindung aller metallisch leitenden Einrichtungen an Bord mit dem Blitzableiter) in Ordnung ist!
  • Die Füsse knapp nebeneinander auf den Boden stellen. Über die Schrittspannung können sonst ca. 50.000 Volt durch den Körper fliessen.

Fazit

Einen Blitzeinschlag an Bord eines (Segel-)Schiffes zu erleben möchte man mit allen Mitteln vermeiden.
Egal wie mans dreht und wendet, welche Schutzmassnahmen man ergreift, wie vorsichtig man ist: im Falle eines Einschlages ist alles möglich.
Von lediglich der Versengung der Kabel und Kontaktstellen (durch die der Blitz schlug) bis hin zum Schiffsbrand.
Am effektivsten in Bezug auf Blitzschutz sind Schiffe mit Stahl-oder Aluminiumrumpf, da sie die größte Kontaktfläche und den direktesten Weg von Einschlagsort zum Wasser bieten.

seschi

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seschi

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